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Tango argentino in Potsdam


Das Fest auf dem Neuen Markt 2002

Presse: Märkische Allgemeine Zeitung

 
Märkische Allgemeine Zeitung
 
Autorin: ILDIKO RÖD
Montag, 29.Juli 2002

Neuer Markt im Tangofieber

Glanzvoller Höhepunkt zur Halbzeit des Arkadien-Kultursommers

   
  Was ist das eigentlich, derTango? "Das Lied des Tango", sagte Rubende Lapuente, "kann in drei Minuten die Geschichte eines ganzen Lebens erzählen."Es war eine Nacht wie aus einem Hochglanz Werbeprospekt für Potsdam, die Luft seidig weich und die Fassadenkonturen wie hingetuscht vor dem dunklen Himmel. So,als habe sich die Stadt herausgeputzt, um sich für den großen Ball die Ehre zu geben.
  Es war der Abend, an dem die Gruppe um Rubende Lapuente vor dem Kutschstall saß und in ihren schwarzen Anzügen ein wenig aussah wie Sizilianer. Aber nicht über heiße Ware redeten sie, sondern von heißen Rhythmen. Philosophierten vom Geheimnis des Tango ihrer Heimat Uruguay, während sie auf ihren Auftritt im schönsten Tanzsaal Potsdams warteten: Der nennt sich normalerweise Neuer Markt, aber an diesem verzauberten Abend waren die Häuserfassaden ringsum diesen Platz prachtvolle barocke Saalkulisse.
  Die Tangonacht am Sonnabend war wohl unbestrittener Höhepunkt der diesjährigen "Potsdamer Arkadien". Ungewöhnliche architektonische Ensemble sollen in diesem Sommerkulturprogramm mit Leben erfüllt werden, was beimTangofest auf erstaunliche Weise gelang. Von der den Märkern bisweilen zugeschriebenen Zurückhatung war nichts zu merken, Innerhalb kurzer Zeit war die Tanzfläche gefüllt, begeisterte Paare - einige der Damen sogar im südamerikanischen Stil gekleidet schienen wie von den Klängen entnickt. Coco Nelegatti und sein "Quinteto Arrabal" bestritten den ersten Teil des Abends, und aIs sie "Lacasita de misviejos", das Lied von der Rückkehr des verlorenen Sohnes nach jahrelanger Abwesenheit spielten, horchte Ruhen de Lapuente auf: "Das da, genau das ist der Tango: Trauer, Verlust, Sehnsucht"
    In dieser Wehmut liegen die Wurzeln des Tango. Ist Heimweh der zahlreichen Auswanderer, die im vergangenen Jahrhundert ihr Glück in Südamerika suchten und oft nur Einsamkeit und Elend fanden, Polen, Italiener und Spanier, die mit ihrer Musik denTango beeinflussten. Auch ein bisschen deutsche Seele findet sich erstaunlicherweise im Tango: "Das Bandaneon", erzählt de Lapuente, "ist das Herz des Tango, es gibt den Rhythmus vor." Dieses Bandoneon, eine Art Akkordeon, ist die Erfindung eines deutschen Musikalienhändlers namens Heinrich Band, die mit deutschen Matrosen an den Rio de la Plata gelangte.
  Der Tango blühte zuerst in den Armeleutevierteln, zum Beispiel im "Arrabal" rund um Buenos Aires. In Erinnerung an diese Ärmliche Wiege des Tango hat Coco Nelegatti sein Quintett benannt. Der Argentinier Nelegatti ist den umgekehrten Weg zur Entstehungsgeschichte des Tango gegangen: Von Südamerika nach Europa, wo er nun seit bereits 16 Jahren die Sehnsucht nach seiner Heimat in Melodien legt.
  Mit seinem Quintett spielt er diese Eigenkompositionen ebenso wie Tangos aus der Zeit um 1900, als es noch die Musik der Nutten und Zuhälter war und sogar vom Papst verboten wurde.
  Das Misstrauen der Kirche gegenüber dem Tango ließ sich am Samstagabend bei den Tanzsoli leicht nachvollziehen: Soviel unbändige Lust am körperlichen Verstehen des Partners, so eine große Freude an der harmonischen Bewegung, wie sie Adriana Enebu und Alejandro Cruz in Begleitung der Gruppe von Ruben de Lapuente ausstrahlten, muss in früherer Zeit wohl äußerst unerwünscht gewesen sein. Und doch ist es wahrscheinlich genau das, was das Geheimnis des Tango ausmacht: Seine unbändige fleischgewordene Lust am Leben.
Stand: 12.08.2002
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